Das österreichische Wort des Jahres 2016

Vorbemerkung der Jury

Die Wahl des Wortes des Jahres 2016 wurde überwiegenden vom extrem langen Wahlkampf für die Bundespräsidentenwahl bestimmt. Dieses Thema dominierte das politische und soziale Leben Österreichs praktisch das ganze Jahr. Die eingesendeten und letztlich ausgewählten Wörter spiegeln dies deutlich wieder.
Kandidatenwörter & Erklärungen

Wort des Jahres 2016

Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung

Ergebnis

Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung
3301
Bundesheinzi
1982
arschknapp
1711

Begründung

Dieses anschauliche Wort wurde von den WählerInnen mit überwältigender Mehrheit an die erste Stelle gesetzt. Mehr als ein Drittel der über 10.000 abgegebenen Stimmen entfielen darauf, was zeigt, dass die Vorgänge, die damit ausgedrückt werden, die Menschen dieses Landes äußerst stark berührt haben.
Das Wort ist sowohl inhaltlich als auch aufgrund seiner Länge ein Sinnbild und ironischer Kommentar für die politischen Ereignisse dieses Jahres, das vom überaus langen Wahlkampf für die Bundespräsidentenwahl, der Anfechtung der Stichwahl, deren Wiederholung und zusätzlich auch noch von der Verschiebung derselben gekennzeichnet ist. Sprachlich zeigt das Wort auch sehr gut eine Eigenart der deutschen Sprache, in der beliebig viele Substantive aneinandergereiht und so neue Wörter gebildet werden können, deren Länge praktisch unbegrenzt ist.

Graz, 09.12.2016 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2016

Dieses Wort drückt in Hinblick auf die Vorgänge rund um die heurige Bundespräsidentenwahl eine gewisse Nostalgie aus, die sich auf den früheren Bundespräsidenten Heinz Fischer bezieht, der den Menschen zugewandt war und sein Amt nach Ansicht vieler ÖsterreicherInnen auf vorbildliche Weise ausgeübt hat. Der Ausdruck kann wohl als eine nachträgliche, liebevolle Anerkennung seiner Amtsführung aufgefasst werden.

Bildhafter Ausdruck, den einer der beiden Bundespräsidentschaftskandidaten vor längerer Zeit verwendet hat und der von ihm selbst wieder reaktiviert wurde, um auszudrücken, dass das Ergebnis der Stichwahl sehr knapp sein würde, was schließlich auch der Fall war. Der Ausdruck bedeutete ursprünglich, dass die Länge des Hemds nicht ausreicht, um das Gesäß völlig zu verdecken. Er wird heute nur mehr in übertragener Weise verwendet.

Graz, 09.12.2016 – Die Jury

Unwort des Jahres 2016

ÖXIT

Ergebnis

ÖXIT
2331
Asylobergrenze
2130
Willkommensklatscher
1781

Begründung

Hierbei handelt sich es sich um eine unreflektierte Analogiebildung zu „Grexit und vor allem Brexit“, die in den Medien den früheren Ausdruck „Austritt aus der EU“ ersetzt hat. Zum Unwort wird es vor allem durch seine unreflektierte und häufige Verwendung, was vorhandene Tendenzen und Bestrebungen verstärkt und den Austritt aus der EU gewissermaßen herbeiredet, obwohl es seitens der Bevölkerung dazu keine Mehrheit gibt. Das Wort zeigt auch den Versuch, durch häufige Wiederholung plakativer Sprache Realitäten zu schaffen, um sie später in politisches Kapital umsetzen zu können.

Medienpräsenz von „Öxit“ 2016

Graz, 09.12.2016 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2016

Asyl ist ein Menschenrecht, das sowohl in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), als auch in der Charta der Vereinten Nationen verankert ist. Die EMRK hat in Österreich Verfassungsrang. Es kann daher für Menschen die aus berechtigten Gründen um Asyl ansuchen und erhalten, keine Obergrenze geben, da die Menschenrechte uneingeschränkt gelten. Sie können nicht durch irgendwelche Quoten begrenzt werden. Anmerkung: Ungeachtet dessen könnte die Verteilung der Asylwerber innerhalb der Mitgliedsländer der EU hingegen sehr wohl durch faire Quoten geregelt werden.

Graz, 09.12.2016 – Die Jury

Hierbei handelt es sich um eine Formulierung, die die Vertreter der Willkommenskultur und ihr Engagement für Schutzsuchende herabwürdigt und lächerlich macht bzw. diese als naiv darstellt.

Jugendwort des Jahres 2016

Was ist das für 1 Life!

Ergebnis

Was ist das für 1 Life!
2874
voi/vul
1349
Gadse
1112

Begründung

In den sozialen Medien weit verbreiteter Ausdruck, der (wie in der SMS-Sprache) oft auch auf „1“ verkürzt wird. Er geht auf den gleichnamigen Titel eines angeblichen Buches von Stephan Fichtner zurück, das als „Pseudo-Gewinnspiel“ große Verbreitung erzielte. Glaubt man Meldungen in den sozialen Medien, habe es eine Sprachspielerei des Rappers Moneyboy aufgegriffen. Von den Jugendlichen wird damit eine gewisse resignative Grundhaltung zum Leben ausgedrückt, das oft als mühsam, stressig und als wenig hoffnungsvoll empfunden wird.

Graz, 09.12.2016 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2016

Allgegenwärtiges Verstärkungswort, das voi oft von österreichischen Jugendlichen verwendet wird. Es kann auch isoliert als Bejahung auf Fragen verwendet werden. Dessen ungeachtet wird es in manchen Regionen Österreichs (zum Beispiel in Oberösterreich) immer schon auf diese Weise gebraucht. Es hat neuerdings auch seinen Weg in die österreichische Jugendsprache gefunden.

Graz, 09.12.2016 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2016

Spaßwort, das „Katze“ meint, aber stimmhaft (weich) ausgesprochen wird und dadurch, wie vieles, was mit Katzen zusammenhängt, einen liebevollen und ironisierenden Charakter bekommt. Es kommt – wie Katzen-Videos – häufig in den sozialen Medien vor, wie etwa auf der Facebook-Seite „Gadse von Hein“ u.a

Graz, 09.12.2016 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2016

Spruch des Jahres 2016

„Bundespräsidentenwahl 2016-2019: Ich war dabei!“

Ergebnis

„Bundespräsidentenwahl 2016-2019: Ich war dabei!“
5586
„Der Kleber kommt aus Deutschland!“
2659
„Ich finde für eine Stunde Arbeit eines Menschen einen Betrag von 2,50 Euro obszön.“
1494

Begründung

Ausspruch, der sich über die „unendliche“ Länge der heurigen Bundespräsidentenwahl lustig macht und inzwischen sogar seinen Weg auf T-Shirts gefunden hat.

Graz, 09.12.2016 – Die Jury

Unspruch des Jahres 2016

„Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist.“ (© Norbert Hofer)

Ergebnis

„Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist.“ (© Norbert Hofer)
7157
„Man muss die Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen... “
1728
„Runter mit der Mindestsicherung!“
752

Begründung

Der Ausspruch von Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer wurde von 7.157 WählerInnen als Un-Spruch qualifiziert, was zeigt, dass er bei den Menschen sehr starke negative Gefühle hervorgerufen hat. Die Formulierung (und ähnliche während des Wahlkampfes) wurde von vielen Menschen als unverhohlene Drohung empfunden, wonach die Rechte des Bundespräsidenten auf bisher völlig unübliche Weise ausgeweitet werden sollen, um eine ähnliche Machtfülle wie der französische bzw. amerikanische Präsident zu erreichen.

Graz, 09.12.2016 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2016

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