Das österreichische Wort des Jahres 2017

Kandidatenwörter & Erklärungen

Wort des Jahres 2017

Vollholler

Ergebnis

Vollholler
1629
Fake News
1618
Frauennationalteam
1048

Begründung

Dieser genuin österreichische Ausdruck wurde von den WählerInnen an die erste Stelle gewählt. Damit lässt sich abschätzig, aber nicht unbedingt beleidigend zum Ausdruck bringen, dass etwas, „ein völliger Unsinn“ ist. Die Formulierung war in einer Aussage von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) enthalten, der auf eine Äußerung seines Regierungspartners und Außenministers Sebastian Kurz (ÖVP) reagierte, wonach die sog. „Mittelmeer-Fluchtroute“ geschlossen werden sollte. Das gesamte Zitat: „Das ist, ehrlich gesagt, der nächste populistische Vollholler.“ Der bis dahin informelle Ausdruck hat sich seither im öffentlichen Sprachgebrauch etabliert, so wie es seinerzeit schon bei „vernadern“ oder „Haklerregelung“ der Fall war.

Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017

Der aus dem Englischen übernommene Ausdruck meint Falschnachrichten aller Art, mit denen versucht wird, die Politik zu beeinflussen. Er hat seinen Ursprung in den ständigen Angriffen des derzeitigen US-Präsidenten Trump auf die faktenbasierte Berichterstattung von Zeitungen und elektronischen Medien. Zugleich bezeichnet er auch tatsächliche Falschnachrichten (vor allem) in sozialen Medien, die bewusst zur Manipulation (z.B. von Wahlen) eingesetzt werden. In dieser doppelten Verwendung ist der Ausdruck zu einem Leitbegriff der derzeitigen öffentlichen Diskussion geworden.

Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017

Das österreichische Frauenfußballnationalteam war bei der heurigen Europameisterschaft überaus erfolgreich. Die Wahl des Wortes ist eine Anerkennung der außerordentlichen Leistungen dieses Teams.

Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017

Unwort des Jahres 2017

alternative Fakten

Ergebnis

alternative Fakten
2031
Registrierkassensicherheitsverordnung
1427
silbersteinfrei
609

Begründung

Die ursprünglich amerikanische Wortschöpfung, mit der eine offensichtliche Lüge eines hohen Amtsträgers verschleiert wurde, wurde von den WählerInnen an die erste Stelle gewählt. Der Ausdruck ist zu einem geflügelten Wort geworden, mit dem krasse Lügen in der öffentlichen Kommunikation (manchmal auch ironisch gemeint) verschleiert umschrieben und damit verharmlost werden. Der Ausdruck steht auch für eine neue Haltung mancher politischer Akteure, wonach schamloses Lügen ein normaler Teil des politischen Geschäfts ist.

Graz, 03.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017

Dieses Wortmonster, das dem Schoß der österreichischen Bürokratie entsprungen ist, störte die WählerInnen so sehr, dass es Platz zwei erreichte. Es ist eine jener Wortschöpfungen von Bürokraten, die die BürgerInnen ratlos macht, eine gewisse Allmacht der Verwaltungen signalisiert und so in Form und Funktion zu einem Unwort wird.

Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017

Der vom ehemals grünen Politiker Peter Pilz erfundene Begriff in Bezug auf den aus Israel stammenden SPÖ-Wahlkampfberater Tal Silberstein, stellt nach weit verbreiteter öffentlicher Deutung eine Anspielung auf den aus der Nazi-Propaganda stammenden Ausdruck „judenfrei“ her. Er ist wegen seines diskriminierenden Charakters und des mangelnden Geschichtsbewusstseins ein genuines Unwort.

Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017

Jugendwort des Jahres 2017

Hallo, I bims!

Ergebnis

Hallo, I bims!
2168
Lauch
1006
Disappointinger
656

Begründung

Hier handelt es sich um eine bewusste Fehlschreibung und ein Spaßwort (statt: Hallo, ich bin’s) ohne tiefere Bedeutung. Es wird von Jugendlichen (vor allem in den sozialen Medien) humorvoll für Sprachspielereien verwendet.

Damit ist nicht das Suppengemüse gemeint. Vielmehr wird daraus im Sprachgebrauch von Jugendlichen ein Schimpfwort, mit dem ein intellektuell unbedarfter, wenig fähiger Mensch bezeichnet wird, der nichts zusammen bringt. Wird auch für Leute verwendet, die so schnell in die Höhe gewachsen sind, dass die Muskeln nicht mithalten konnten und das Resultat eine gewisse Ungelenkigkeit ist.

Das ist einer, von dem man (schwer) enttäuscht wird, was in einem jungen Leben öfter einmal vorkommen soll. Die Wortneuschöpfung besteht aus dem englischen Verb „to disappoint“ (enttäuschen) und der Ableitungssilbe –er, die daraus ein deutsches Substantiv macht.

Spruch des Jahres 2017

„Mei Wien is net deppat!“

Ergebnis

„Mei Wien is net deppat!“
4562
„Bleibts geil!“
2300
„Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne.“
1127

Begründung

Typischer Kommentar des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl nach der Nationalratswahl, bei der seine Partei zumindest in der Bundeshauptstadt Zugewinne verzeichnet hatte. Der Ausspruch wurde mit überwältigender Mehrheit an die erste Stelle gewählt. Er hat damit wohl vielen WienerInnen aus der Seele gesprochen.

Graz, 04.12.2017 – Die Jury

Unspruch des Jahres 2017

„Ein Satz noch …“

Ergebnis

„Ein Satz noch …“
4231
„Alle, die innerhalb und außerhalb des Parlaments, die gegen die gesetzlichen Anpassungen sind, planen einen Anschlag auf die Sicherheit der Österreicher.“
2111
„Ich kann nichts sagen, außer dass ich gerne Abgeordneter bleiben möchte.“
1821

Begründung

Diese Formulierung war von vielen PolitikerInnen im Rahmen der Fernsehdiskussionen zur Nationalratswahl 2017 zu hören. Sie steht stellvertretend für die zahlreichen Unarten der Gesprächsführung politischer Akteure, indem auf die Äußerung nicht bloß ein Satz, sondern oft noch ein ganzer Vortrag folgte, wie auch, dass sich die GesprächspartnerInnen einander ständig unterbrachen usw.

Graz, 04.12.2017 – Die Jury

Rudolf Muhr 1999-heute © All rights reserved.