Kandidatenwörter für das Wort 2017 | |
anpatzen | Aus der Kindersprache übernommenes und verniedlichendes Wort, mit dem das Schlechtmachen von politischen Mitbewerbern während des heurigen Nationalratswahlkampfs heruntergespielt wurde. |
Armutsmigration | Korrekter Ausdruck für Menschen, die aus Gründen der Armut ihre Heimat verlassen (statt „Wirtschaftsflüchtling“). |
Dirty Campaigning | Auch als „Schmutzkübelkampagne“ bekannte Form des Wahlkampfs, bei dem Gegner schlecht gemacht werden, was im Wahlkampf 2017 häufig vorkam. |
Erregungsmauer | Ironische Wortneubildung, die auf die Antiterrormauer vor dem Bundeskanzleramt Bezug nimmt, deren Errichtung nach einer öffentlichen Empörung abgesagt wurde. |
Fake News | Bezeichnung für Falschnachrichten aller Art, mit denen versucht wird, Gesellschaft und Politik zu beeinflussen. |
Frauen-Nationalteam | Das österreichische Frauen-Fußball-Nationalteam, das bei der heurigen Europameisterschaft überaus erfolgreich war. |
Nationalraten | Name einer ORF Sendung, in der im Rahmen der heutigen Nationalratswahl politische Inhalte als Quizsendung präsentiert wurden – im Gefolge auch im ironischen Sinn verwendet. |
Trumpeltier | Wortspiel, das auf einen bekannten amerikanischen Politiker und sein ungewöhnliches öffentliches Verhalten Bezug nimmt. |
Vollholler | Österreichischer Ausdruck für „kompletter Unsinn“. War in der Aussage des derzeitigen Bundeskanzlers enthalten, die sich dagegen richtete, dass die sog. „Mittelmeer-Fluchtroute“ geschlossen werden soll. „Das ist ehrlich gesagt der nächste populistische Vollholler.“ |
Wahlkrampf | Ergebnis eines langen Wahlkampfes.
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Kandidatenwörter für das Un-Wort 2017 | |
Alternative Fakten | Ursprünglich amerikanische Wortschöpfung, mit der eine offensichtliche Lüge eines hohen Amtsträgers verschleiert wurde. Ist seither ein allgemein geflügeltes Wort, mit dem eben dies in der öffentlichen Kommunikation (manchmal auch ironisch gemeint) umschrieben wird. |
Dönerkrieger | Abwertender Ausdruck für muslimische Aktivisten aller Art. |
durchwachsen | Von Journalisten inflationär verwendeter Ausdruck, wenn etwas nicht wie vorgesehen oder nicht ideal gelaufen ist. |
Fairnesskrise | Von einer politischen Partei behauptete Krise, die es aufgrund der Daten des Sozialministeriums nicht gegeben hat und daher zu den „alternativen Fakten“ gerechnet werden muss. |
NGO-Wahnsinn | Vom österreichischen Außenminister verwendeter Begriff, der sich auf die Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer durch NGOs bezog und ihnen Komplizenschaft mit den Schleppern unterstellte. |
ordentlich | Viel zu häufig verwendetes (und daher bereits nervendes) Adjektiv im Wahlkampf: „ordentlich arbeiten“, „ordentliche BürgerInnen“ etc. Gegenbegriff zu Zuwanderung und gesellschaftliche Vielfalt, häufig von Politikern und Parteien verwendet, die diese ablehnen. |
Registrierkassensicher-heitsverordnung | Wortmonster, das aus dem Schoß der österreichischen Bürokratie entsprungen ist. |
silbersteinfrei | Von einem ehemals grünen Altpolitiker erfundener Begriff in Bezug auf den israelischen Wahlkampfberater Tal Silberstein, was in weiten Kreisen als Anspielung auf den Ausdruck „judenfrei“ empfunden wurde. |
Uns neu erfinden | Ebenfalls inflationär verwendeter Ausdruck des Politiksprache, der durch die ständige Wiederholung nicht glaubwürdiger wird. |
Zuwanderung ins Sozialsystem | Von der politischen Rechten behauptete Angstparole, für die es keine sachliche Grundlage gibt. |
Kandidatenwörter für das Jugendwort 2017 | |
ABL | Abkürzung für „allerbestes Leben” (Abschiedsgruß). |
Cipster | Ein „City Napster“ – ein richtiger Klischee-Hipster. (= Modernere Ausprägung des europäischen Bohemiens des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.) |
Disapointinger | Einer, von dem man (schwer) enttäuscht wird. Wortneuschöpfung, die aus dem englischen Verb „to disappoint“ (enttäuschen) ein deutsches Substantiv macht. |
Hallo, I bims! | Bewusste Fehlschreibung und Spaßwort. |
instagrammen | Wenn sich jemand auf der Webplatform Instagram betätigt. |
Lauch | Mildes Schimpfwort für Leute, die so schnell in die Höhe gewachsen sind, dass die Muskeln nicht nachkommen konnten – gleichzeitig Schimpfwort für einen intellektuell unbedarften Menschen. |
lit | Aus dem Englischen „light/lit“ (Licht/eingeschaltet) entlehntes Verstärkungswort für „super, schön genial, toll“ usw. aber auch für „betrunken“. |
snitch | „To snitch“ bedeutet so viel wie „klauen“, „petzen“ oder „jmd. verpfeifen“. Auch als Beleidigung in Gebrauch. |
vong | Spaßausdruck, der das Internet überflutet und in Sätzen wie „Kann ich dich anrufen vong Zeit her?“ vorkommt. |
Die Kandidaten für den Spruch des Jahres 2017 | |
1. „Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne!“ | Von Vizekanzler Brandstätter getätigter Ausspruch, anlässlich des letzten „Neustarts“ der rot-schwarzen Koalition vor einem Jahr. |
2. „Bleibts geil!“ | Wahlspruch der österreichischen Fußballnationalmannschaft während der heurigen Europameisterschaft. |
3. „Mei Wien is net deppat!“ | Kommentar des Wiener Bürgermeisters Häupl nach der Nationalratswahl, bei der seine Partei Zugewinne verzeichnet hatte. |
Die Kandidaten für den UN-Spruch des Jahres 2017 | |
1. „Alle, innerhalb und außerhalb des Parlaments, die gegen die gesetzlichen Anpassungen sind, planen einen Anschlag auf die Sicherheit der Österreicher“. | Aussage von Innenminister Sobotka, nachdem sein stark kritisiertes „Sicherheitspaket“ keine Zustimmung gefunden hatte. |
2. „Ich kann nichts sagen, außer dass ich gerne Abgeordneter bleiben möchte.“ | Aussage von Robert Lugar (ehemals FPÖ, BZÖ und Team Stronach) vor seinem vierten Parteiwechsel (diesmal zur FPÖ). |
3. Ein Satz noch … | Formulierung vieler Politiker im Rahmen der Fernsehdiskussionen, auf die dann nicht ein Satz, sondern oft noch ein ganzer Vortrag folgte. |
Dieser genuin österreichische Ausdruck wurde von den WählerInnen an die erste Stelle gewählt. Damit lässt sich abschätzig, aber nicht unbedingt beleidigend zum Ausdruck bringen, dass etwas, „ein völliger Unsinn“ ist. Die Formulierung war in einer Aussage von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) enthalten, der auf eine Äußerung seines Regierungspartners und Außenministers Sebastian Kurz (ÖVP) reagierte, wonach die sog. „Mittelmeer-Fluchtroute“ geschlossen werden sollte. Das gesamte Zitat: „Das ist, ehrlich gesagt, der nächste populistische Vollholler.“ Der bis dahin informelle Ausdruck hat sich seither im öffentlichen Sprachgebrauch etabliert, so wie es seinerzeit schon bei „vernadern“ oder „Haklerregelung“ der Fall war.
Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017
Der aus dem Englischen übernommene Ausdruck meint Falschnachrichten aller Art, mit denen versucht wird, die Politik zu beeinflussen. Er hat seinen Ursprung in den ständigen Angriffen des derzeitigen US-Präsidenten Trump auf die faktenbasierte Berichterstattung von Zeitungen und elektronischen Medien. Zugleich bezeichnet er auch tatsächliche Falschnachrichten (vor allem) in sozialen Medien, die bewusst zur Manipulation (z.B. von Wahlen) eingesetzt werden. In dieser doppelten Verwendung ist der Ausdruck zu einem Leitbegriff der derzeitigen öffentlichen Diskussion geworden.
Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017
Das österreichische Frauenfußballnationalteam war bei der heurigen Europameisterschaft überaus erfolgreich. Die Wahl des Wortes ist eine Anerkennung der außerordentlichen Leistungen dieses Teams.
Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017
Die ursprünglich amerikanische Wortschöpfung, mit der eine offensichtliche Lüge eines hohen Amtsträgers verschleiert wurde, wurde von den WählerInnen an die erste Stelle gewählt. Der Ausdruck ist zu einem geflügelten Wort geworden, mit dem krasse Lügen in der öffentlichen Kommunikation (manchmal auch ironisch gemeint) verschleiert umschrieben und damit verharmlost werden. Der Ausdruck steht auch für eine neue Haltung mancher politischer Akteure, wonach schamloses Lügen ein normaler Teil des politischen Geschäfts ist.
Graz, 03.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017
Dieses Wortmonster, das dem Schoß der österreichischen Bürokratie entsprungen ist, störte die WählerInnen so sehr, dass es Platz zwei erreichte. Es ist eine jener Wortschöpfungen von Bürokraten, die die BürgerInnen ratlos macht, eine gewisse Allmacht der Verwaltungen signalisiert und so in Form und Funktion zu einem Unwort wird.
Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017
Der vom ehemals grünen Politiker Peter Pilz erfundene Begriff in Bezug auf den aus Israel stammenden SPÖ-Wahlkampfberater Tal Silberstein, stellt nach weit verbreiteter öffentlicher Deutung eine Anspielung auf den aus der Nazi-Propaganda stammenden Ausdruck „judenfrei“ her. Er ist wegen seines diskriminierenden Charakters und des mangelnden Geschichtsbewusstseins ein genuines Unwort.
Graz, 04.12.2017 – Die Jury – © Rudolf Muhr 2017
Hier handelt es sich um eine bewusste Fehlschreibung und ein Spaßwort (statt: Hallo, ich bin’s) ohne tiefere Bedeutung. Es wird von Jugendlichen (vor allem in den sozialen Medien) humorvoll für Sprachspielereien verwendet.
Damit ist nicht das Suppengemüse gemeint. Vielmehr wird daraus im Sprachgebrauch von Jugendlichen ein Schimpfwort, mit dem ein intellektuell unbedarfter, wenig fähiger Mensch bezeichnet wird, der nichts zusammen bringt. Wird auch für Leute verwendet, die so schnell in die Höhe gewachsen sind, dass die Muskeln nicht mithalten konnten und das Resultat eine gewisse Ungelenkigkeit ist.
Das ist einer, von dem man (schwer) enttäuscht wird, was in einem jungen Leben öfter einmal vorkommen soll. Die Wortneuschöpfung besteht aus dem englischen Verb „to disappoint“ (enttäuschen) und der Ableitungssilbe –er, die daraus ein deutsches Substantiv macht.
Typischer Kommentar des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl nach der Nationalratswahl, bei der seine Partei zumindest in der Bundeshauptstadt Zugewinne verzeichnet hatte. Der Ausspruch wurde mit überwältigender Mehrheit an die erste Stelle gewählt. Er hat damit wohl vielen WienerInnen aus der Seele gesprochen.
Graz, 04.12.2017 – Die Jury
Diese Formulierung war von vielen PolitikerInnen im Rahmen der Fernsehdiskussionen zur Nationalratswahl 2017 zu hören. Sie steht stellvertretend für die zahlreichen Unarten der Gesprächsführung politischer Akteure, indem auf die Äußerung nicht bloß ein Satz, sondern oft noch ein ganzer Vortrag folgte, wie auch, dass sich die GesprächspartnerInnen einander ständig unterbrachen usw.
Graz, 04.12.2017 – Die Jury