Bedeutungserläuterungen der Kandidatenwörter des Jahres 2013
enkelfit | Wortschöpfung, die im heurigen Wahlkampf verwendet wurde und aussagen will, dass das Pensionssystem und die Höhe der Pensionen so gestaltet sein soll, dass die künftigen Enkel nicht von den Pensionen jener belastet werden, die heute in Pension gehen. |
frankschämen | Abwandlung des Verbs „fremdschämen“ in Hinblick auf das ungewöhnliche Kommunikationsverhalten eines Parteiführers während der TV-Konfrontationen während des Nationalwahlkampfs 2013. |
Inserator | Ironische Bezeichnung („Terminator“) für Regierungsmitglieder, die sich in der vergangenen Gesetzgebungsperiode durch ein hohes Maß an (Eigen)werbung auf Kosten der Steuerzahler ausgezeichnet haben. |
Lauschangriff | Treffender Begriff für die Aktivitäten diverser Geheimdienste, die Staatsbürger flächendeckend belauschen und so die in den Verfassungen garantierten bürgerlichen Freiheiten massiv angreifen und außer Kraft setzen. |
Rekordhitze | Beängstigendes Ergebnis des Klimawandels, das uns immer öfter zu schaffen macht. |
Sumsigate | Wortschöpfung, die auf die politischen Auseinandersetzungen rund um das Verbot von Pestiziden anspielt, welche sehr wahrscheinlich für das Bienensterben verantwortlich sind. |
Lufthunderter | Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h aufgrund des Luftgütegesetzes. |
Wahlfahrt | Spezielle und sehr erfolgreiche Form der Wahlberichterstattung des ORF während des Nationalratswahlkampfs 2013, bei dem Spitzenpolitiker in einem Mercedes-Taxi einen ganzen Tag lang chauffiert und die dabei entstehenden Gespräche aufgezeichnet und danach gesendet wurden. |
Werte | Zentrales Schlagwort einer wahlwerbenden Partei und ihres Parteigründers während des Nationalratwahlkampfes, das in der Folge zu zahlreichen Diskussionen geführt hat. |
Zwei-Päpste-Jahr | Historisch einmaliger Fall, dass ein Papst zurücktritt und die katholischen Kirche dadurch innerhalb eines Jahres zwei lebende Päpste hat. |
Kandidaten für die Unwörter des Jahres
Arbeitszeit-Flexibilisierung | Harmlos scheinendes Wort, das euphemistisch verschweigt, dass damit massive Einkommensverluste für Arbeitnehmer verbunden sind, da die Ganztagesarbeitszeit auf 12 Stunden ausgeweitet würde und Überstunden unbezahlt blieben. |
Begegnungszone | Ein durch und durch positives Wort, das durch die schlechte Umsetzung der Fußgängerzone in der Mariahilferstraße in Wien lokal eine unerfreuliche Nebenbedeutung bekommen hat. |
Betriebsübergang | Verhüllendes Wort für die von der Geschäftführung verordneten Wechsel des Kollektivvertrags und Verschlechterung der Bezahlung der Beschäftigten im Speziellen der AUA. |
Echtzeitmessung | Unklarer Ausdruck in Verkehrsmeldungen von Ö3, womit Verspätungen aufgrund von Verkehrsstaus gemeint sind. |
ergebnisoffen | Verhüllende Wortschöpfung, die dazu benutzt wird, um nicht offen zu sagen, dass man bei Gesprächen bzw. Verhandlungen kein Ergebnis erzielen will. |
Heimreisezertifikat | Schönfärbende Bezeichnung des Innenministeriums für ein Dokument, das Voraussetzung für die Abschiebung von Asylsuchenden ist und eigentlich „Abschiebedokument“ heißen müsste. Wird von österreichischen Behörden jenen Asylsuchenden ausgestellt, die keine gültigen Reisedokumente besitzen. |
inländerfreundlich | Verhüllender Begriff, der im Kontext des Nationalratswahlkampfs 2013 von einer wahlwerbenden Partei verwendet wurde und tatsächlich „ausländerfeindlich“ meint. |
lecker | Lehnwort aus dem Deutschländischen Deutsch, das vielen Österreichern „sauer aufstößt“ und damit nicht mehr als „gut schmeckend“ empfunden wird. |
Reformpartnerschaft | Bezeichnung für die Tätigkeit der Vertreter der steirischen Regierungsparteien, wobei Uneinigkeit sowohl über den Inhalt, als auch die Form der „Reformen“ besteht. |
Türnotbetätigung | Technospeak, das den „Notfallhebel“ für die Türen der Wiener U-Bahnen meint. |
Kandidaten für das Jugendwort 2013
chüün | alias „chillen“ österreichisch ausgesprochen |
Duckface | Gesichtsausdruck hauptsächlich von weiblichen Internetnutzern auf Profilbildern, wobei die Lippen wie bei einem Kussmund zusammengepresst und Wangen eingezogen werden, um selbstironisch und sexy zu wirken. |
Komasutra | Kombination aus „Koma“ und „Kamasutra“, oft als Ergebnis von ausgiebigen flüssigen Wochenendaktivitäten. |
Oeda | alias „Alter“, österreichisch ausgesprochen – multifunktionales Wort, das als universelle Anrede und in vielen anderen Funktionen Anwendung findet. |
ranzig | alles, was nicht ok ist, ist „ranzig“. |
whatsappen | Wichtige Tätigkeit des sozialen Austausches mit Hilfe des Internet-Netzwerks „Whatsapp“, das unter Jugendlichen das SMS weitgehend verdrängt hat. |
YOLO | Abkürzung für „YOU ONLY LIVE ONCE“ – Wichtiges Lebensmotto der Internetgeneration. |
Dieses Wort entstand im Verlauf des Nationalratswahlkampfs 2013 und beschreibt in treffender Kürze das Befremden vieler BürgerInnen über das Verhalten eines spätberufenen Parteigründers bei seinen öffentlichen Auftritten. Das Wort ist eine originelle Abwandlung des Neuworts „fremdschämen“, das bereits 2010 zum Wort des Jahres gekürt wurde. Zum Wort des Jahres 2013 wird „frankschämen“ nicht zuletzt auch durch seine Prägnanz und Klarheit mit der ein weit verbreitetes Unbehagen ausgedrückt wird.
Anschaulicher Ausdruck für die Aktivitäten diverser Geheimdienste, welche die StaatsbürgerInnen verschiedener Länder flächendeckend belauschen und so die in den Verfassungen garantierten bürgerlichen Freiheiten massiv aushöhlen. Der Begriff bekam im Jahr 2013 enorme Aktualität, weil durch die Veröffentlichungen eines Whistleblowers unzählige Missbräuche der Geheimdienste aufgedeckt wurden.
Wortschöpfung, die im heurigen Wahlkampf auf sehr knappe und klare Weise die Idee der Nachhaltigkeit des Pensionssystems ausdrückt, wonach die Höhe der Pensionen so gestaltet sein soll, dass auch für die Enkelgeneration noch ein funktionierendes Pensionssystem erhalten bleibt.
Dieses an sich positive Wort wurde im Nationalratswahlkampf 2013 von einer wahlwerbenden Partei verwendet. Im gegenwärtigen politischen Zusammenhang ist damit jedoch das Gegenteil, nämlich die verhüllte Bedeutung „ausländerfeindlich“ gemeint.
Harmlos scheinendes Wort, mit dem euphemistisch verschweigen wird, dass damit massive Einkommensverluste für Arbeitnehmer verbunden sind. Bei der Einführung der vorgeschlagenen Arbeitszeitflexibilisierung würden nämlich Überstundenzuschläge nicht mehr bezahlt.
Ein durch und durch positives Wort, das durch die missglückte Umgestaltung der Fußgängerzone in der Mariahilfer Straße in Wien lokal eine unerfreuliche Nebenbedeutung bekommen hat.
In die nähere Auswahl kam auch „lecker“, das aus dem Deutschländischen Deutsch entlehnt und von vielen als ärgerlich empfunden wird.
Graz, 02.12.2013 – Die Jury
Dieses Wort ist durch die rasante Verbreitung der Internet-App „Whatsapp“ entstanden, die besonders von Jugendlichen für den sozialen Austausch verwendet wird und in dieser Gruppe das SMS weitgehend verdrängt hat. Neu ist auch die Verwendung des Ausdrucks „whatsapp“ als Verb: „whatsappen“. Es wurde von den WählerInnen knapp hinter YOLO an die 2. Stelle gesetzt, jedoch von der Jury als zum Jugendwort 2013 gewählt.
Graz, 02.12.2013 – Die Jury
Abkürzung für „YOU ONLY LIVE ONCE“ – Immer wichtiger werdendes Lebensmotto der Internetgeneration, was sich deutlich an den hohen Abstimmungszahlen ablesen lässt.
Graz, 02.12.2013 – Die Jury
Aus dem Englischen „to chill“ entlehntes und im Österreichischen Deutsch völlig integriertes Lehnwort mit der Gundbedeutung „entspannen“, das an die österreichische Alltags-Aussprache angepasst wurde und eine wichtige Einstellung von Jugendlichen ausdrückt.
Graz, 02.12.2013 – Die Jury
Ironische Kommentierung eines fiktiven Wahlverhaltens angesichts der gegenwärtigen Kluft zwischen Politik und BürgerInnen.
Bewundernswerter Kommentar der Ersten Nationalrats-Präsidentin Barbara Prammer auf die Frage, ob ihre Krebserkrankung ihre berufliche Tätigkeit beeinträchtigen werde.
Mit dieser Aussage bagatellisierte ein hochrangiger österreichischer Politiker den plötzlich aufgetretenen, enormen Fehlbetrag im Staatshaushalt und deklarierte diesen als harmlose Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben.
Pauschalisierender und damit problematischer Ausspruch eines österreichischen Wirtschaftspolitikers zu Beginn des Wahlkampfs 2013, mit dem überschießende Kritik an der österreichischen Wirtschaftslage geübt wurde.