1. Abfertigung neu
2. Beitrittsveto
3. Durchgriffsrechte
4. EU-Erweiterung
5. Fettnäpfchen-Politik
6. Fingerprints
7. Integrationsvertrag
8. integrationswillig
9. Luftschläge
10. Nichtaufenthaltsverfestigte
11. Nulldefizit
12. ÖGB-Urabstimmung
13. Restneutralität
14. schlanke Staat
15. Sozialabbau
16. Studiengebühren
17. Temelin
18. Unfallrentenbesteuerung
19. Verhaltensvereinbarungen
20. Zuwanderungsquote
1. Der Begriff „Nulldefizit“ ist von den Online-WählerInnen weit vor allen anderen gereiht worden und erhielt mit Abstand die meisten Stimmen. Das im Herbst freudig verkündete Erreichen des Nulldefizits ist wohl noch stark im Gedächtnis und zugleich ist das Wort für viele eindeutig positiv besetzt, da es als vorteilhaft angesehen wird, wenn die (Staats-) Schulden weniger werden.
2. Das Wort ist hochaktuell und seit dem vorjährigen Amtsantritt der derzeitigen Regierung ein zentraler Begriff der innenpolitischen Diskussion. In der Sache selbst ist es eine Folge der EURO-Teilnahme. Seine Wichtigkeit lässt sich auch daran ablesen, dass in den österreichischen Tageszeitungen nicht weniger als 4253 Artikeln publiziert wurden, die darauf Bezug nehmen. Das ist die zweitgrößte Häufigkeit innerhalb der Liste der Auswahlwörter.
3. Seine besondere sprachliche Qualität besteht in seiner spezifischen Mehrdeutigkeit („kein Defizit = keine Schulden), die unausgesprochen zur Annahme verleitet, der österreichische Staat hätte keine Schulden mehr. In Wirklichkeit sind lediglich keine neuen Schulden zu den schon vorhandenen hinzugekommen. So gesehen ist „Nulldefizit“ eindeutig ein euphemistischer (schönfärberischer) Begriff, dem eine gewisse manipulative Kraft und Ambivalenz nicht abzusprechen ist.
4. Der Begriff spaltet die Nation nicht zuletzt wegen dieser Eigenschaften und auch wegen der sozialen Folgen der sog. „Nulldefizitpolitik“: Er rangiert gleichzeitig auch auf Platz drei in der Liste der Unwörter.
Konkurrenz hatte das „Wort des Jahres 2001“ von „EU-Erweiterung“, das auf den zweiten Platz kam – und von Fettnäpfchenpolitik“, das auf dem dritten Platz landete.
1. Der Begriff „EU-Erweiterung“ wurde von den Online-WählerInnen auf die 2. Stelle gereiht.
2. Das Wort ist – entgegen der Angstparolen aus manchen politischen Lagern – allgemein positiv besetzt. Das zeigt sich schon daran, dass es im Gegensatz zu „Nulldefizit“ unter den Unwörtern lediglich auf Platz 19 von 20 rangiert.
3. Seine Bedeutung drückt „Wachstumsdenken“ aus und kommt so gängigen, positiv besetzten Vorstellungen des „größer / mächtiger Werdens“ entgegen. Aus diesen Gründen hätte es ein gutes Wort des Jahres 2001 werden können, erreichte aber nicht die entsprechende Gesamt-Stimmenzahl.
1. Das Wort wurde von den Abstimmenden auf Platz 3 der Wörter gereiht.
2. Der Begriff wird trotz seines negativen Inhalts von den Online-WählerInnen offensichtlich als adäquate Beschreibung vieler Maßnahmen der derzeitigen Spitzenpolitiker von Regierung und Staatsspitze angesehen. Dazu gehören nicht nur Unsensibilitäten in der Außenpolitik, die Brüskierung von Nachbarstaaten, sondern auch die staatsoperettenhaften Ver(w)irrungen rund um die Außenrepräsentation Österreichs samt zahlreichen Fehlgriffen mancher Regierungsmitglieder wie zuletzt in der Verkehrs- und Gesundheitspolitik und in der Reisediplomatie.
Möglichweise ist die Wahl dieses Begriffs auch ein Indiz dafür, dass die österreichische Politik von den Adressaten der Politik – den WählerInnen nicht mehr wirklich Ernst genommen wird.
1. Die ON-Line-WählerInnen stellten es weit vor allen anderen „Unwörtern“ an die erste Stelle.
2. Das Wort, das im Zusammenhang mit dem sog. „Integrationsvertrag“ entstand, drückt in technisch-amtsdeutschem Jargon gegenüber den sog. „Ausländern“ aus, was viele ÖsterreicherInnen ihnen gegenüber empfinden: Die „Ausländer“ sind ohne „verfestigten Aufenthalt“ solange sie sich nicht assimiliert, d.h. entsprechend angepasst haben. So gesehen sind die mit diesem Wort Bezeichneten „Obdachlose“, „Nichtdazugehörige“, „Nichtangepasste“, die man jederzeit wieder des Landes verweisen kann. Es ist damit sprachlich und sachlich ein klassisches Unwort.
3. Das Wort steht in der Tradition des amtsdeutschen Negativ-Jargons, der in Österreich seit einigen Jahren nicht nur gegenüber Ausländern sondern auch gegenüber sozialen und ethnischen Minderheiten verwendet wird und sich wie ein roter Faden durch die politische Diskussion zieht. Bereits im vorletzten Jahr wurde mit dem Wort „Schübling“ ein negativer Höhepunkt erreicht, der kaum noch überbietbar schien. Dass dieses Wort seine Geburtsstunde in einem Interview eines Spitzenpolitikers der Regierung erlebte, macht die Sache nur noch bedenklicher, handelt es sich bei seinem Schöpfer – im Gegensatz zum vorletzten Jahr – nicht um einen Polizisten, sondern um einen führenden „Volksvertreter“.
4. Hauptmerkmal dieses Sprachgebrauchs ist die Entmenschlichung der Betroffenen, die zu reinen Objekten ohne Namen und Gesicht und damit zugleich entrechtet werden. Unerwünschte werden so weder beim Namen genannt, noch wird ihnen durch die Abstraktheit des Begriffs etwas konkret Menschliches zugesprochen.
4. Auf sehr zynische und traurige Weise kann dieses Wort als ein völlig misslungener Beitrag der österreichischen Politik zum heurigen Nestroyjahr angesehen werden.
Konkurrenz hatte das „Unwort des Jahres 2001“ von „Restneutralität“, das auf den zweiten Platz kam – und von Nulldefizit“, das auf dem dritten Platz landete.
1. Den Titel „Unwort Nr. 2“ kann dieses an die zweite Stelle gereihte Wort für sich beanspruchen, weil es eine Herabwürdigung von 50 Jahren österreichischer Identität darstellt. Der auf die Verfassung vereidigte Bundeskanzler verniedlichte damit den Inhalt eines gültigen Verfassungsgesetzes zu einer „Restmenge“, während in eben jenem Gesetz von der „immerwährenden Neutralität“ die Rede ist.
2. In semantischer Hinsicht ist der Ausdruck unsinnig, da man weder ein bisschen „schwanger“, noch ein bisschen „neutral“ sein kann. Denn entweder man ist politisch neutral (wie die Schweiz oder Schweden) oder man ist es nicht. Dass in derart unqualifizierter Weise mit zentralen Begriffen der österreichischen Nachkriegsgeschichte umgegangen wird, wirft ein bedenkliches Licht auf den Zustand der praktischen Politik in Österreich, noch dazu, wo diese Begriffe in gleichem Atemzug zu überholten „Schablonen“ erklärt wurden.
3. Die Begriffsbildung ist außerdem im schlechten Sinne sehr „österreichisch“, indem damit signalisiert wird, dass man gleichzeitig auf allen Kirtagen tanzen will. Man will sowohl „ein bisschen“ neutral sein, aber auch an den Nato- und sonstigen Sicherheitsstrukturen teilhaben, aber ohne dass es „etwas kostet“.
Das Wort verniedlicht und beschreibt zugleich in technisch-entmenschlichtem Jargon den Umstand, dass Embryonen bei der Stammzellengewinnung und in der Gentherapieforschung in großer Zahl für die Forschung „verbraucht“, d.h. vernichtet werden, da die Experimente entweder misslingen oder von vornherein das „Verbrauchen“ (=Vernichten) der Embryonen inkludieren. Es ist müßig zu fragen, wo da die Grenzen solchen Tuns sind: Sie sind längst überschritten.