oewort
Das Österreichische Wort des Jahres

Brisante Wörter – Zeitbezogene Lexik
Eine Aktivität des Forschungszentrums Österreichisches Deutsch

Das österreichische Wort des Jahres 2023

Die heurige Wahl fand vom 10.09. – 04.12.2023 statt. An der Vorwahl nahmen 1.268 Personen teil, die insgesamt 1.472 Vorschläge für die Wörter, Unwörter, Jugendwörter, Sprüche und Unsprüche des Jahres eingesendet haben. An der eigentlichen Wahl nahmen 18.660 Personen teil, die 93.300 Stimmen in den 5 Kategorien abgegeben haben. Insgesamt haben bei Vorwahl und Wahl 19.928 Personen teilgenommen, was eine Steigerung von fast 100% gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Aus den Einsendungen der Vorwahl wählte die Jury am 05.11.2023 die Kandidatenwörter und Kandidatensprüche aus. Die Jury tagte am 04.12.2023 zum zweiten Mal und bestimmte anhand der Abstimmungsergebnisse die Wörter und Sprüche des Jahres 2023, die am 07.12.2023 via Austria Presse Agentur (APA) bekanntgegeben wurden.

Wort des Jahres 2023

Kanzlermenü

Ergebnis

Kanzlermenü
6701
Klimakleber
Bodenfraß
2681

Begründung

In prägnanter und ironischer Weise fasst dieses Wort den Inhalt einer Aussage des österreichischen Bundeskanzlers Karl Nehammer zusammen, der bei einem Treffen mit Parteikolleg:innen meinte, dass in Österreich die billigste warme Mahlzeit ein Hamburger bei MacDonalds sei und sich das jeder leisten könne. Er verstand das als Empfehlung für arme Familien, ihren Kindern einen Hamburger von McDonalds als Standardessen zu geben, weil dieser so billig sei, was medial großes Aufsehen und Unverständnis erregte.

Dieser Sammelbegriff meint verschiedene Aktivistengruppen, deren Mitglieder sich angesichts der Klimakatastrophe aus Protest auf der Straße ankleben, um gegen das aus ihrer Sicht unökologische Verhalten der Autofahrer sowie die Untätigkeit der Politik zu protestieren. Sie reagieren dabei auf die ständige wachsende Anzahl von dramatischen Klimaveränderungen wie Starkregen, Stürme, Überschwemmungen, abschmelzendes Polareis usw. Dem steht neuerdings die Verfolgung dieser
Aktivistengruppen nach dem Mafiapragraphen durch die Staatsanwaltschaft gegenüber.

In sehr anschaulicher Weise beschreibt dieser Begriff den überdurchschnittlich hohen Verbrauch von wertvollem Grund und Boden für Neubauten in Österreich, das innerhalb der EU zu den Ländern mit dem höchsten Bodenverbrauch zählt.

Unwort des Jahres 2023

Klimaterroristen

Ergebnis

Klimaterroristen
4541
Volkskanzler
3392
Normaldenkende
3202

Begründung

Dieser stark abwertende Begriff gegenüber engagierten jungen Menschen, die sich dafür einsetzen, dass die offizielle Politik Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe ergreift, ist quasi der Leitbegriff all jener, die an der derzeitigen Situation nichts verändern wollen bzw. von ihr profitieren.

Diese Eigenbezeichnung von FPÖ-Chef Herbert Kickl, für den Fall, dass er Bundeskanzler wird, steht begrifflich in der Tradition der 1930er Jahre. Adolf Hitler hat sich vor der Machtergreifung ebenfalls als „Volkskanzler“ bezeichnet.

Ein neuer politischer Kampfbegriff einer österreichischen Partei, die damit versucht, die „Normaldenkenden“ gegen die „anderen“, die sich für Veränderungen einsetzen, auszuspielen.

Jugendwort des Jahres 2023

Brakka

Ergebnis

Brakka
3896
sideeye
2.972
delulu
2.552

Begründung

„Brakka“ steht an sich schlicht für „Hose“. Allerdings kommt der Begriff immer in Kombination mit einem Adjektiv vor: Unterschieden wird zwischen einer „normalen brakka“ und einer „skinny Brakka“ (hauteng). Das Wort hat seinen Ursprung in einem Tik Tok-Video und wird seither häufig verwendet, vor allem für Hosen, aber auch einfach als lustiges Füllwort für andere Gegenstände und sogar Menschen.

„Jemanden ein Sideeye geben“ meint einen Gesichtsausdruck, mit dem die Person von der Seite aus missbilligend oder komisch angeschaut wird. Wird eingesetzt, wenn man an der Person etwas seltsam findet.

Abgewandelte Schreibform von „delusional“. Bedeutet auf Deutsch so viel wie „wahnhaft“, z.B. um ein krampfhaftes Fan-Verhalten zu bezeichnen, wenn sich eine Person in eine Situation hineinsteigert oder Unrealistisches anstrebt, wie z.B., dass sich Fans eine Beziehung mit ihrem Idol vorstellen.

Spruch des Jahres 2023

"Mit de Einmalzahlungen können's scheißen gehen."

Ergebnis

"Mit de Einmalzahlungen können's scheißen gehen."
9637
„Bringen Sie Ihre Blase zum Platzen. Denn wir müssen uns nicht liken, um uns zu mögen.“
5425
„Wir brauchen eine Politisierung der Politik. Mehr Mut, Ehrlichkeit und Verantwortung.“
2544

Begründung

Der Metallgewerkschafter Reinhold Binder drückte seine Meinung zu den Gehaltsangeboten der Arbeitgeber sehr drastisch aus. Nach einer Reihe von Warnstreiks und weiteren Verhandlungsrunden hat sich mittlerweile jedoch für alle ein akzeptabler Lohnabschluss ergeben.

 

Der Spruch „Bringen Sie Ihre Blase zum Platzen. Denn wir müssen uns nicht liken, um uns zu mögen.“ von Bundespräsident Alexander van der Bellen erreichte die 2. Stelle.

Auf den 3. Platz wurde die Aussage von Othmar Karas (1. Vizepräsident des Europäischen Parlaments/ÖVP) gewählt: „Wir brauchen eine Politisierung der Politik. Mehr Mut, Ehrlichkeit und Verantwortung.“

Unspruch des Jahres 2023

Dann wäre Wien noch Wien.

Ergebnis

Dann wäre Wien noch Wien.
3295
Wisst ihr, was die billigste warme Mahlzeit in Österreich ist? Sie ist net gsund… Ein Hamburger bei McDonalds.
13578
Die Partei soll mehr Kante für die große Mehrheit der Normalden¬kenden zeigen. Leistung, Vernunft und Hausverstand für die breite Mitte sollen ins Zentrum rücken.
1236

Begründung

Aussage des niederösterreichischen Landesrates Gottfried Waldhäusl (FPÖ) gegenüber einer jugendlichen Zuwanderin, die meinte, was Wien ohne die vielen Zuwanderer wäre. Er hat damit in sehr eindeutiger Weise die Ablehnung der Zuwanderer zum Ausdruck gebracht.
*Hinweis der Jury: Da das Wort des Jahres bereits auf die Aussage des Bundeskanzlers Bezug nimmt, wurde – um eine Doppelung zu vermeiden – der zweitgereihte Unspruch an die erste Stelle gesetzt.

Diese Aussage von Kanzler Nehammer landete auf den weiteren Plätzen.

Aussage eines Funktionärs der  Partei des Bundeskanzlers.

Rudolf Muhr 1999-heute © All rights reserved.